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Cora hat uns vor einiger Zeit schon ein Bild aus Schwenningen eingereicht. Quasi mitten in der Stadt steht dieser Mann – und doch haben ihn viele bestimmt noch nicht entdeckt.

Uhrmacherbrunnen Schwenningen 

Alle haben es richtig genannt und natürlich kennt ihn jeder: den Uhrmacherbrunnen. Er steht an der Mauer der Evangelischen Stadtkirche über einem ehemaligen Brunnen und der Uhrmacher hält eine Schilderuhr in seinen Händen. 

Michael Zimmermann schreibt im Heimatblättle Februar 2009 auf Seite 16: „Geschaffen hat ihn der aus Schwenningen stammende akademische Bildhauer Willi Müller, der viele Plastiken, oft im Auftrag seiner Heimatstadt gefertigt, uns hinterließ: den Necklemer „Ai’ta- (hochdeutsch: Enten-) Brunnen zwischen Pauluskindergarten und Gasthaus „Viktoria“, den zeichnenden Knaben (den der „Bürgerwitz“ der alten Schwenninger zum „Mool amool a Maa’le-Mahnmal“ machten) in der Allenstraße oberhalb der Pfauenvilla, das Hansjakob-Bildnis des Heimatvereins, die Nachbildung des Neckarquellsteins, Büsten bedeutender Bürger (und fürchterlicher Führer) und (Fasnets-)Narren bedeutender noch, die Märchenbrunnen der Friedensschule als Auftragsarbeiten, die ihn weniger Überwindung kosteten als andere Kunstwerke im Geist des NS-Staates. Leben aber will der Künstler auch in schlechter Zeit. Ein hartes Brot …“ 

Willi Müller wurde am 25.09.1903 in Schwenningen geboren, er verlebte seine Jugendjahre in Sigmaringen und erhielt seine Ausbildung an der Sigmaringer Kunstwerkstätte Marmon. Danach folgten Wanderjahre nach Zwiefalten, Günzburg, Schwenningen. Von 1925 – 1927 besuchte er in Stuttgart die Kunstgewerbeschule bei Prof. Lörcher, von 1936 – 1938 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in München. Ab 1938 lebte er in Schwenningen, es folgte eine Heirat 1940. Wen er geheiratet hatte, konnte ich nicht heraus finden. 1948 Bau einer eigenen Werkstätte in der Staufenbergstr. 59. Er ist 1981 in Schwenningen gestorben, was zwischen 1950 und seinem Tod lag, konnte ich nicht eruieren. 

Die Geschichte zu dem Brunnen und die Anspielung von Michael Zimmermann auf die Nazizeit ist im Heimatblättle April 2016 von Siegfried Heinzmann auf den Seiten 2+3 beschrieben worden: der Abriß der (1779 erbauten) alten Schule in 1936 machte eine neue Mauer notwendig, um den Kirchenvorplatz der Stadtkirche zu sichern. Das damalige Städtische Hochbauamt plante eine Natursteinmauer und wollte diese künstlerisch ausgestalten. Der Wettbewerb für einen (in die Mauer eingefügten) Brunnen mit Gedenktafel und Figur wurde am 01.06.1937 ausgeschrieben. Gewünscht wurde als Figur ein „Altschwenninger Uhrenträger mit Krätze oder ein alter Nachtwächter mit Hellebarde und Laterne oder ähnliches“, aber in Verbindung mit der Mauer. Alle Vorschläge, auch witziger Art, waren willkommen und jede eingereichte Skizze wurde prämiert. Nach zwei Wochen war bereits Stichtag, es bewarben sich sechs Künstler: Paul Goetze aus Schwenningen, Ernst Stähle aus Stuttgart, Willi Müller aus Schwenningen, Eugen Kech aus Schwenningen, Karl Pfeifer aus Calw und Luikart & Ostertag. Am 29.06.1937 entschieden sich der Technische Beirat und Oberbürgermeister Dr. Gönnenwein für die Ausführung von Willi Müller, der damals noch in München studierte. Nach dieser Entscheidung kam als Auftrag an Willi Müller noch der Wunsch des Bürgermeisters Stähle hinzu, Motive zur nationalsozialistischen Machtübernahme in die Figur einzubauen. Willi Müller erweiterte nun den Uhrmacher um zwei weitere Personen: einen trommelnden Hitlerjungen und einen fahnenschwingenden SA-Mann. Diese Figurengruppe wurde vom Schwenninger Gemeinderat gut geheißen und so beschlossen. Glücklicherweise wollte ein Gemeinderatsmitglied unbedingt ein Gutachten vom Gaukulturwart der NSDAP einholen. Nach drei Monaten Wartezeit auf dieses Gutachten (mit mehrmaligem Nachfragen) kam die Antwort von der Gauleitung: diese Personengruppe wäre von der Idee her sehr primitiv bis unmöglich, weil Themen zusammengezogen würden, die nichts miteinander zu tun hätten, der Gauleitung gehe jegliches Verständnis für diese Komposition ab. Damit waren die Würfel gefallen, einen Uhrmacher ohne Trommler und ohne Fahnenschwinger zu erstellen. 

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9 Responses

  1. Das ist ein wichtiger Punkt bei Kinderführungen, die Kinder haben ja keine Ahnung, wie die Leute früher sich mit dem Uhrenhandel beschäftigt haben. Er ist fast zu übersehen, er hätte einen besser sichtbaren Platz verdient!
    Ein Super Motiv, liebe Cora, danke!
    Freundliche Grüße Christa Müller

  2. Das ist der Uhrmacherbrunnen von Willy Müller. Standort an der alten Kirchhofmauer. Er trägt eine Schilderuhr.

    Von Willy Müller hatten wir schon einmal den Entenbrunnen zu erraten.

  3. Unterhalb der Stadtkirche neben dem Brunnen bzw. neben der Gaststätte Romanca, also quasi zwischen diesen beiden Örtlichkeiten.
    Meines Wissen eine Skluptur von Willy Müller, der vom „Entenbrunnen“.

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