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Erich Nierholz hat uns das Bild der Agathen-Statue aus Villingen eingesandt. Die Statue steht im Eckhaus Zinsergasse/Brunnenstrasse etwas erhöht und man kann sie auch leicht übersehen.

Es gab viele tolle Kommentare dazu und Erich schickt uns auch noch einen Artikel von Wolfgang Bräun dazu, der im Südkurier am 24.05.2016 erschienen ist.

Zur Agathen-Statue kennt Villingen zwei Legenden. 1271 soll die Heilige die Stadt gerettet haben.

Die Heilige vom Niederen Tor: eine Replika, die 2013 dem Museum übereignet wurde. Das einstige Original aus dem 13. Jahrhundert sollte die Stadt vor Feuer schützen.

VON WOLFGANG BRÄUN

Die meisten Menschen kennen den Heiligen Florian als Schutzpatron der Feuerwehr. Die Heilige Agathe ist als weitere Helferin gegen Feuer und Brand eher unbekannt. Das galt jedoch nicht für die gläubigen Villinger vor mehreren hundert Jahren – und das aus gutem Grund.

Um 1270 sollte Graf Heinrich I. zu Fürstenberg zum zweiten Mal Stadtherr werden. Zuvor hatte Villingen, wenn auch nur für kurze Zeit, den Status einer Reichsstadt gehabt.

Der Stadtstatus war noch jung; Villingen hatte sein Markt-, Münz- und Zollrecht im Jahre 999 erhalten und galt mit geschätzten 2000 Bewohnern als ein ganz stattliches Gemeinwesen – wohlwollend gefördert vom Stadtherrn.

Villingen war eine der bedeutenden Zähringerstädte, denn Handwerk, und Künste, Handel und Gewerbe waren bereits aufgeblüht, wie Hermann Alexander Neugart 1962 schrieb. Von verschiedenen Klöstern gingen geistige Impulse aus, weshalb Villingen zum kulturellen Mittelpunkt der Region werden konnte.

Legende der gottgeweihten Jungfrau erzählt von brutaler Folter

  • Person: Agatha von Catania wurde um das Jahr 225 in Catania auf Sizilien geboren. Dort starb sie um 250. Sie war die Tochter wohlhabender Eltern.
  • Martyrium: Agatha sah sich selbst als gottgeweihte Jungfrau, weshalb sie den Heiratsantrag des heidnischen Statthalters Quintianus von Sizilien ablehnte. Dieser rächte sich legendär mit der Verschleppung in eine Freudenhaus, doch auch danach lehnte sie ihn weiter ab, worauf Quintianus veranlasste, man möge sie foltern und ihr die Brüste abschneiden. Der weiteren Legende nach erschien ihr der heilige Petrus und pflegte ihre Wunden. Als man dies bemerkte, musste Agatha auf glühenden Kohlen sterben.
  • Wunder: Etwa ein Jahr nach ihrem Tod brach der Ätna aus, und die Einwohner von Catania zogen mit dem Schleier der Heiligen dem Lavastrom entgegen, der daraufhin zum Stillstand kam. Agathe gilt als Helferin bei Brusterkrankungen, bei Viehseuchen, Erdbeben und Vulkanausbrüchen und ist auch eine weitere Schutzpatronin der Feuerwehren.
  • Agathazettel: Dabei handelt es sich um gesegnete Briefchen, die am Agathatag, dem 5. Februar eine Heilsformel versprechen: Mentem sanctam, spontaneam, honorem Deo et patriae liberationem – Du heiliges Gemüt, das Gott die Ehre gegeben und das Vaterland errettet hat.
  • Beispiel: Agathazettel in deutscher Sprache lauten wie folgt. Heil’ge Agatha, Christi Braut,dies Haus soll sein dir anvertraut!Schütz es vor Feuer und Brand,und das ganze Vaterland.Gib uns auch einen heil’gen Sinn,Froh für Gott bis zum Tode hin!

Agnes, die Gemahlin des Grafen Heinrich, hatte das Spital zum Heiligen Geist in der Rietstraße gestiftet – später Altes Kaufhaus und Feuerwehrhaus im Rückgebäude zum Münsterplatz.

Unter dem Chor des Villinger Münsters war die fürstenbergische Grablege vorgesehen. Der Bau war unter des Grafen Förderung nahezu beendet, als Heinrich nach der stauferschen Herrschaft neuer Stadtherr werden sollte.

In jener Zeit vor 750 Jahren, so die späteren Aufzeichnungen des Chronisten Heinrich Hug, soll am Niederen Tor ein feuriger Meteorstein vom Himmel gefallen sein. Worauf das „Ungemach gleich einem Weltuntergang über die geliebte Stadt Villingen hereinbrach“.

Es habe sich am Agathentag, dem 5. Februar, ein plötzlich ungestümes Feuer ausgebreitet, das sich mit Windeseile über Straßen und Gassen gefressen habe. Der Himmel war blutrot beleuchtet und der Funkenregen trieb über den Steppach und die Altstadt weithin über den östlichen Berghang. Hug schreibt weiter: „Anno 1271 ist schier die ganze statt ausgebrunnen, St. Johann – und Barfüßerkloster ußgenummen. Seyndt 300 Lüt, Weib und Kind verbrunnen.“

Der Wiederaufbau der Stadt soll über das Jahr 1300 hinaus gedauert haben, wobei auch der Bau des Münsters, das unter dem Feuer ebenfalls schwer gelitten hatte, weitergeführt und vollendet wurde. Stadtpfarrer Wilhelm Kling hob dazu in seinem Münsterführer von 1910 hervor, dass man einen veränderten Bruch in der Bauform am unteren Teil des Südturmes, an den Pfeilern des Langhauses am Westportal und am Doppelportal der Südseite erkenne.

Der verheerenden Brandkatastrophe – so die eine Legende – gedachten die Villinger mit einer Agathen-Statue in einer Nische am Niederen Tor. Diese verblieb auch dort, als der Turm im 16. Jahrhundert erneuert wurde. Viele Jahre und Jahrzehnte gedachte man mit geweihten Kerzen bis Ende des 19. Jahrhunderts am Agathentag dem einst unheilvollen Ereignis, um ähnliches Unheil abzuwenden.

Als 1840 das Niedere Tor abgerissen wurde, war der weitere Verbleib der Heiligen höchst gefährdet. Dann bemerkte eine aufmerksame Verwandte der Landwirtsfamilie von Karl Mauch, dem Bergle-Mauch, wie ein Arbeiter die Figur auf den Bauschutt warf.

Die Statue geriet so in den Besitz der Mauchs. Sie ging später an deren Tochter, die Ehefrau des Lokführers Josef Grieninger, und schließlich auch an die Enkelin Margaretha Grieninger am Kalkofen. Zu Fronleichnam wurde die Statue immer mal wieder am unteren Brunnen der Niederen Straße beim ehemaligen Metzger Weisser aufgestellt.

Die Grieningers ließen die etwa einen Meter große Agathe 1961 von Malermeister Richard Fuhrer noch einmal in Rot, Blau und Gold fassen. Schließlich wurde 2013 daraus eine Schenkung an das Franziskaner-Museum

Eine zweite Legende von 1971 zum lokalen Agathen-Kult liest sich jedoch ganz anders. Hans Brüstle (+), der spätere Rektor der Realschule, schrieb zur Geschichte der Stadt, dass in einer Wandnische des Eckhauses Zinsergasse/Brunnenstraße (Haus Elektro-Dörflinger*) ein deutlich kleineres Agathen-Figürchen als Schützerin vor Feuersbrunst stand und gestanden habe.

Genau bis zu diesem Haus hätten die Flammen einst gewütet, die durchs Niedere Tor hereinschlugen. Heute erinnert sich Hubert Dörflinger (+ 07.06.2019) nur noch daran, dass das Figürchen noch vor 1945 von der Besatzung eines requirierten Fahrzeugs gestohlen wurde. Vor etwas mehr als 30 Jahren hat Dörflinger deshalb eine Schnitzarbeit in Auftrag gegeben und vielfach fassen lassen. Durch eine kräftige Vergitterung gesichert wird das Bildstöcklein auf fünf Metern Höhe wieder in Ehren gehalten.

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*= Das ehemalige Haus Elektro Dörflinger ist heute die Kita Kinderbetreuung Regenbogenwelt im Zentrum von Villingen in der Brunnenstraße 21.

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15 Responses

  1. Die hier gezeigte Hl. Agathe findet man am unteren Ende der Zinsergasse, am Haus des Malers Ummenhover.
    Sie ist gemalt und dargestellt mit einem Palmzweig, was auch üblich ist.
    Die im vergitterten Känsterle, Brunnenstr.21 ist eine kleine Figur, soll an den Stadtbrand von 1271 erinnern.

  2. Ich denke die Madonna steht am Haus Brunnengasse Nr. 19/Ecke Zinsergasse.
    Zur Geschichte kann ich leider nichts beitragen.

  3. s`Agathle wie man in Villingen sagt. In der Brunnenstrasse an der Giebelseite Zinsergasse ist Sie in einer Nische eingelassen. Um das Jahr 1942 wurde sie gestohlen und in den 1990er kehrte Sie wieder in die nun vergitterte Nische zurück. Die heilige Agatha wurde als Schützerin vor Feuerbrunst verehrt.

  4. Bonjour!
    das ist das Bildnis der Hl. Agatha, Schutzpatronin der Feuerwehren.

    Es ist in einer Nische am Giebel vom Dörflinger Haus. Ecke Brunnenstraße – Zinsergasse. Das Haus steht übrigens zum Verkauf.

  5. Am Giebel des Hauses Brunnenstraße 21, Ecke Zinsergasse an der Giebelseite.
    Ist es eine Madonna? Ist es eine Schutzpatronin?
    Warum die Figur dort steht, weiß ich nicht.

  6. Die Heilige Agathe steht in einer Nische am Haus Brunnenstraße Ecke Zinsergasse. Es ist eine Replik, die das vor ca. 30 Jahren gestohlene Original ersetzt. Die Heilige Agathe wurde nach der Feuersbrunst im Jahre 1271, welche vom Niederen Tor aus bis zur Brunnenstraße wütete, als Schützerin vor Feuer angebracht.
    Eine zweite Agathen-Figur wurde in einer Nische am Niederen Tor angebracht und befindet sich heute im Franziskaner – Museum.

  7. Das ist das „Agathle“ an der Ecke Brunnenstr./Rosengasse. Der Legende nach soll der große Stadtbrand von 1271 genau hier geendet haben. Agathe war eine sizilianische Märtyrerin, die sich weigerte einen römischen Legionär zu heiraten. Sie wurde gefoltert (beide Brüste wurden ihr abgeschnitten, weshalb man sie häufig mit einer Schale darstellt, die die Brüste enthalten hätten) und anschliessend getötet. Als kurz darauf der Ätna ausbrach, zogen die Leute mit einem Schleier der heiligen Agathe der Lava entgegen und, so die Legende, dieser Schleier brachte den Lavastrom zum Halten. Im Haus in der Brunnenstr. wurde an ihrem Namenstag den ganzen Tag gebetet, es wurde das Agathenbrot (in Form von Brüsten) an die Leute verteilt, sowie Agathenzettel, die, in den Türrahmen gesteckt, das Haus vor Feuer schützen sollte.

  8. Das ist die heilige Agathe von Catania, die in der Schale die abgeschnittenen Brüste trägt. Diese Märtyrerin wird auch als „Feuerschutzheilige“ verehrt und in dieser Funktion steht sie im Eckhaus Zinsergasse/Brunnenstraße – der schlimme Brand vom 05.02.1271 (= Agathen-Tag) soll bis zu dieser Stelle gekommen und danach erloschen sein. Schönes Motiv, Herr Nierholz!

  9. Hallo miteinander,
    das ist die heilige Agathe und die steht am Eckhaus Brunnengasse/Zinsergasse, welches derzeit auf ImmoScout24 zum Verkauf angeboten wird ( inclusive Agathe)!
    Es ist eine Kopie, da das Original entwendet wurde. Seither steht sie „hinter Gittern“

  10. Das ist die Hl. Agathe. Sie steht weit höher als über Augenhöhe in der oberen Zinsergasse. Bis zu der Stelle soll sich der Stadtbrand ausgebreitet haben, der 1271 (??) durch einen Meteoriten – sehr fragwürdig – oder wohl eher durch einen sog. Kugelblitz bis dorthin „durchgefressen“ hat.

    • Ich ergänze: 330 Menschen hat dieser Brand das Leben gekostet! In das Verhältnis zur damaligen Einwohnerzahl gesetzt -wohl Riet/Süden-, echt dramatisch!!

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