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Svenja Friedrichsohn hat in Villingen ein Bild eines Wappen gemacht und sie schreibt: Am Haus fiel mir dieses schöne Element auf. Ich hatte es in all den Jahren nie wahrgenommen und weiß nichts darüber. Vielleicht hat aber ein Kollege schon mal etwas über dieses interessante Motiv recherchiert.

Nun, es handelt sich bei dem Wappen um ein sogenanntes „sprechendes Wappen“, denn es enthält konkrete Hinweise auf seinen Besitzer, die Tuchfabrikantenfamilie Dold.
Das Wappen befindet sich am Haus Rietstraße 3 in Villingen.

Zum Wappen: Wir erkennen deutlich eine Wiege mit Bäumen. Das Wappen ist umgeben von Tuch.

Es handelt sich um das Wappen der Tuchherstellerfamilie Dold. Der Ursprung der Familie ist im Schwarzwald – daher die Wiege in den Bäumen. Reich wurde die Familie mit der Tuchherstellung.

Es gibt einige Artikel über die Tuchwalke Dold – das heutige Maria Tann Richtung Unterkirnach. Leider ist das Stadtarchiv derzeit geschlossen, sodaß keine detaillierten weiteren Infos beschafft werden konnten. Äußerst unglücklich ist zudem, dass die Tuchfabrik oft als Dold & Maier und parallel als Dold & Schmidt bezeichnet wird. Ein Besuch im Stadtarchiv hätte hier Klarheit gebracht.

Aus den Ratsprotokollen:
1851. Die Tuchfabrikanten Dold & Maier beabsichtigen, im Unterkirnachtal in der Nähe des sog. Schusterhäusles, eine Wollspinnerei zu errichten.
1864: Antrag zum Neubau eines Spinnereigebäudes im Kirnachtal. Der Gemeinderat habe hierzu nichts einzuwenden.
1882: Die Firma Dold setzt die Tuchfabrik am oberen Wasser mit 10 PS Wasserkraft und die Spinnerei bei der Ruine Kirneck mit 12 PS Wasserkraft zum Verkauf aus.
1904 wurde die Fabrik zum Burghotel umgebaut, später Kloster Maria Tann, heute Über- und Aussiedler-Unterkunft. Oberhalb Maria Tann eigenes Kraftwerk der Gemeinde Unterkirnach zur zusätzlichen Stromversorgung der Gemeinde.

Eine weitere Fabrik der Fam. Dold gab es auf dem Gelände der damaligen Rothe Mühle. Heute Firma SABA. 1322 Mühle am Gewerbekanal oberhalb der Stadt. 1839 abgebrannt und 1843 als Tuchfabrik Dold wieder aufgebaut. Nach Bader hieß die Rothe Mühle im 15. und 16. Jahrhundert Ziegelmühle. Die Ziegelmühle paßt jedoch auch auf die Oberles Mühle. Im Adreßbuch von 1884: Leo Oberle, Mühlebesitzer, Oberwasser 605, Hermann Oberle, Müller, Oberwasser 609. 1902: Hermann Oberle zur Waldmühle, Waldstr. 28. Nach einer Karte von 1836 ist die rote Mühle die Franksche Mühle. Nach der Chronik der Kuthmühle ist deren Lehensherr die Johanniter-Kommende.
Quelle: GHV Jg 1992/1993

Dann gibt es eine gute Dissertation von Gerhard Jehle aus dem Jahr 2001:
Wollspinnerei, Tuch-und Deckenfabrik Gebrüder Dold (vermutlich seit 1851)
1851 „beabsichtigen die Tuchfabrikanten Dold und Maier, im Unterkirnacher Tal [wo die Wasserkraft der Brigach genützt werden kann] eine Wollspinnerei zu errichten“.
1864 wird der Antrag zur Errichtung eines Spinnereigebäudes (vermutlich an demselben Standort) gestellt, ein nur unwesentlich jüngeres Reklamebild stellt ein zweigeschossiges Langhaus mit den Zwillingsfenstern des Vestibüls in der Mitte der insgesamt zwölfachsigen Fassade dar.
Das vielleicht in den sechziger Jahren in Villingen am Oberen Wasser (dem gründerzeitlichen „Gewerbekanal“?) errichtete Firmengebäude ist dreigeschossig und zehnachsig, das Krafthaus erkennt man am blakenden Schornstein, andere Gebäude sind schwerer zu bestimmen.
Ein eigenes Geschäftshaus befindet sich in der Villinger Altstadt, das Erdgeschoß ist vielleicht als eines der ersten Villinger Altstadthäuser mit einem Ladeneinbruch verunstaltet. Nach einem kurzen, durch den deutsch-französischen Krieg bedingten Boom folgt der Niedergang des Unternehmens, 1882 werden die Gebäude verkauft, wobei zwei Dampfmaschinen mit 12 (Unterkirnach) bzw. 10 PS (Villingen) mitangeboten werden.
Die Gebäude des Unterkirnacher Werks sind im gründerzeitlichen Gebäudekomplex des Burg-Hotels Kirneck, die des Villinger Werks im Ausbildungszentrum der „Saba“ aufgegangen.
Quelle: Gerhard Jehle, Inaugural-Dissertation Uni Freiburg, 2001, Stätten der Arbeit, Stätten der Verwaltung, Wohnstätten: Die Industriearchitektur in Villingen und Schwenningen bis 1945 (Hochbauten)

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6 Responses

  1. Meine Quelle war übrigens Hansjörg Fehrenbach. Frank Haas hat Herrn Fehrenbcah für mich gefragt, woher das Wappen kommt und Frank hatte mir dann die Antwort weitergeleitet.

  2. Hallo Gerhard,
    Vielen Dank für diese ausführliche Antwort.
    Dazu kann ich nur sagen: „ man lernt nie aus!“
    Und es zeigt mal wieder, was man in unseren Stadtteilen für Geheimnisse entdecken kann, wenn man mit offenen Augen unterwegs ist!
    Liebe Grüße an alle Stadtführerkollegen

  3. Die drei Tannen stehen für den Schwarzwald, die Wiege mit dem Menschlein darin soll auf die Tuchfabrik Dold hinweisen, die in dem Haus untergebracht war. Quelle? Muß ich nochmal nachlesen – ich hatte das Foto schon mal bei uns StadtführerInnen rumgeschickt und dann das heraus gefunden. Tuchfabrik Dold, ein „selbstgemachtes“ Wappen, das keiner Heraldik entspricht

  4. Könnte sein, dass es sich um das Wappen des Hauses Dold in der Rietstrasse handelt.
    Der Name Dold ist ein alter Schwarzwälder Familienname, vielleicht deshalb die Tannen im Wappen?? Vielleicht kennt jemand aus dem Stadtführerkreis den Dr. Dold, oder ist bei ihm als Patient??

  5. Das Wappen befindet sich in der Rietstrasse, neben der Sparkasse und dem daran anschliessenden Blumengeschäft in Höhe des ersten Stockwerkes. Da sich ein Bett im Wappen befindet, nehme ich an, es war ein Bettengeschäft. Aber wie dieses Bettengeschäft hieß, keine Ahnung

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