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Letzte Woche hatten wir dieses Bild erfragt. Heute kommt die Lösung.

Es handelt sich um das Ehrenmal für die gefallenen Sportler im zweiten Weltkrieg. Es steht im Schwenninger Moos vor dem Gasthaus Waldeslust.

Interviews mit Wendelin Renn und Gregor Braun zum Ehrenmal

Telefon-Interview am 18. Januar 2021 mit Wendelin Renn, Leiter der städtischen Galerie bis 2018 zum Thema der Skulptur .

Herr Renn, Um was handelt es sich bei der Skulpturengruppe?

Bei der Skulptur handelt es sich um ein Werk von Rudolf Pfaff. Der Auftrag für dieses ‚Ehrenmal für gefallene Sportler‘ erteilte im Juli 1955 der Vorstand des Sport-Clubs Schwenningen.

Rudolf Pfaff war ein lokaler Bildhauer aus Schwenningen, der schon in der nationalsozialistischen Zeit aktiv war. Das Problem bei seiner skulpturalen Gestaltung war und ist, dass er seine bildhauerischen Vorstellungen, die in der Zeit des Nationalsozialismus entwickelt wurden nicht einfach ablegen konnte, wie ein Kleidungsstück.
Es gab viele Menschen, die über das Werk sprachen aber wenige haben die skulpturalen Merkmale verstanden. Kunst im Faschismus hatte die Aufgabe, die Machthaber und deren Ideologie widerzuspiegeln. Im Werk von Pfaff sehen wir eine faschistoide Skulptur, die überdimensionierte Herrenmenschen zeigt.
Auch in Bad Dürrheim gibt es immer noch 4 oder 5 Skulpturen des Nazi-Künstlers Arno Breker.

Wann begegneten Sie der Skulptur erstmals?

Ich sah die Skulpturengruppe 1987 als ich nach Villingen-Schwenningen kam und ich dachte mir: was haben die denn da?

Was war dann 2002 das Problem?

2001 war der Zustand der Skulptur desolat, sodass wegen der Verkehrssicherungspflicht gehandelt werden mußte.

Wir haben Fachleute von der Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg und der Bildhauerwerkstatt der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste München engagiert, die Vorschläge zur Restaurierung erstellen und die dafür notwendige Kosten taxieren sollten.

Alle Fachleute sagten einhellig, dass das Denkmal nur mit großem Aufwand zu erhalten wäre. Zudem hatte das Landesdenkmalamt festgestellt, dass durch die mehrfache Überarbeitung die Qualität „des Ehrenmals so stark überformt und beeinträchtigt (ist), dass eine Kulturdenkmaleigenschaft nicht vorliegt“.

Es galt daher zu entscheiden, ob die unsachgemäßen Restaurierungen von 1964 und 1977 entfernt, Risse zu verfüllen und Fehlstellen ergänzt werden sollten. Leider konnte die Statik der Skulptur nicht geprüft werden.

Aufgrund der vorliegenden Gutachten beschloß dann der Verwaltungs- und Kulturausschuss am 17. Juli 2002 einstimmig, das schwerbeschädigte ‚Ehrenmal für gefallene Sportler‘ aus Verkehrssicherungsgründen abzutragen. Dies sollte gemeinsam mit dem BSV, der das Denkmal ebenso weg haben wollte, in einer Kunstaktion mit den Dresdner Künstlern Martin Keil und Henrik Mayer, die sich als Künstlergruppe ‚Reinigungsgesellschaft‘ nannten, erfolgen. Der Sprengmeister Konrad Fink aus Pfullingen sollte das Denkmal an Christi Himmelfahrt 2003 sprengen. Jedoch hätte die Skulptur aus Sicherheitsgründen komplett eingehüllt werden müssen, damit niemand gefährdet würde. Das hieße, von der eigentlichen Sprengung hätten die Zuschauer nichts mitbekommen. Daraufhin zogen die Dresdner Künstler ihre Zusage zur Kunstaktion zurück. Die Sprengung und ein geplantes Kunstfest war damit abgesagt.

In der Bevölkerung kam das sicherlich unterschiedlich an.

n der Schwenninger Öffentlichkeit regte sich heftiger Widerstand und wir haben dann mit Vertretern verschiedener Gruppierungen unter Leitung von Baubürgermeister Rolf Fußhöller im Gespräch Alternativen erörtert.

Was geschah dann? Die Stadt wollte es ja nicht mehr haben.

Nun schalteten sich der Schwenninger Architekt Gregor Braun als Vorstand des FSV ein. Er schlug vor, das Werk vom BSV-Stadion auf das Gelände des FSV zu verlegen. Auch Siegfried Heinzmann vom Schwenninger Heimatverein e.V. unterstützte den Erhalt des Werkes.

Es galt dann verschiedene Dinge, wie z.B. urheberrechtliche Fragen zu klären. Eigentümer war die Stadt. Wenn die Stadt beschließt, das Werk zu zerstören ist das Urheberrecht nicht tangiert.
Wenn die Stadt das Werk jedoch nicht zerstört, sondern weitergibt, dann greift das Urheberrecht wieder. Und zwar für die Dauer von 70 Jahren bis nach dem Tod des Urhebers. Erst dann geht das Urheberrecht auf die Eigentümer eines Werkes über.

Die Erben von Rudolf Pfaff, die Söhne Andreas und Peter Pfaff, wurden über die Idee informiert, dass das Denkmal transloziert werden soll.

Es gab dann Ende 2003 einen Vertrag mit dem FSV und der Stadt, dass das Werk dem FSV übereignet wird und der FSV das Werk mit Ehrenamtlichen restauriert. Der Stadt dürften im Gegenzug keinerlei Kosten entstehen. Im Verwaltungs- und Kulturausschuss stimmten die Mitglieder dieser Lösung im Oktober 2003 zu.

Dann kam die Verlegung des maroden Objekts ins Moos?

Die große Frage war: wird das Denkmal den Transport überstehen? Mittels Kran und Tieflader wurde das Denkmal am 12. Februar 2004 vom BSV Stadion (Gustav Strohm Stadion) ins Moos auf das Privatgelände des FSV vor die Gaststätte Waldeslust transportiert.

Das Denkmal wurde anschließend in mehreren Monaten in Eigenregie von Mitgliedern des FSV und des Heimatvereins, von den Fachleuten Hans-Joachim Hall und Lothar E. Roser und vielen Bürgern geflickt. Ich betone: geflickt – nicht restauriert. Denn die ursprüngliche plastische Oberfläche des Werkes wurde ja schon in den 60er und 70er Jahren grob überformt. Zunächst waren etwa 1000 Arbeitsstunden, mithin etwa € 100.000 an Kosten veranschlagt. Bei der Einweihung erzählte mir Architekt Braun dann, dass die Kosten erheblich höher waren. Meiner Bitte, dies doch öffentlich zu bestätigen wollte Herr Braun aus offensichtlichen Gründen nicht entsprechen.

Mit einem großen Festakt wurde das geflickte Denkmal am 24. Oktober 2004 wieder der Öffentlichkeit übergeben. Fest-Redner waren damals u.a. Bürgermeister Rolf Fußhöller und Siegfried Heinzmann vom Heimatverein.

Emotionalität ist ja schon dabei

Mit dem Denkmal verbindet sich eine hohe Identität für Teile der Schwenninger Bevölkerung. So haben sich viele Jugendliche, wie mir erzählt wurde, dort zum ersten Kuß, zum Treffen mit Gleichaltrigen, verabredet. Oder die Verbindung zur Fasnet: denn die ‚Schellebube‘ trafen sich bei den ‚Schellen‘, wie die Geschlechtsteile der Männer im Volksmund auch genannt werden.

Das Denkmal ist, ich muß das betonen, kein Kunstwerk. Wenn jemand in den Garten geht und ein Bild malt, dann ist das ein Bild. Aber keine Kunst. So ist das Denkmal eine bildhauerische Arbeit – aber keine Kunst.

Wer sich für weitere Details interessiert, der kann die Akten zum Ehrenmal in der städtischen Galerie einsehen. Sie sind öffentlich zugänglich.


Gespräch mit Architekt Gregor Braun

Herr Braun, wie erlebten Sie die Diskussion im Jahre 2003

Im Gespräch mit Architekt Gregor Braun, der sich damals für die Rettung des Ehrenmals einsetzte erklärt er sinngemäß:

Wir haben damals mit bekommen, dass das Ehrenmal für die gefallenen Sportler vor dem Gustav-Strohm Stadion Baumängel hat. Das war ja Tagesgespräch! Im Gemeinderat wurde beschlossen, dass die Kosten für die Erhaltung zu hoch wären und das Denkmal daher abgetragen werden soll.

Wendelin Renn hat damals vorgeschlagen, das Denkmal im Rahmen eines Happenings zu sprengen. Das wurde im Tagesgeschehen debattiert und für uns kam eine Sprengung überhaupt nicht in Frage, da wir dieses Denkmal der Stadt erhalten wollten.

Während der BSV das Denkmal weg haben wollte, hatten wir vom FSV aus die Absicht, es zu erhalten.

Also hatten wir mit der Stadt einen Vertrag vereinbart, dass wir das Denkmal übertragen bekommen, die Stadt einer Sanierung zustimmt und auf die Stadt keinerlei Kosten weder für die Umsiedlung noch für die Renovierung zukommen.

So wurde das Denkmal dann am 10.2.2004 vom BSV Stadion zum FSV-Stadion mit einem Tieflader versetzt.

Wir haben dann das Denkmal in Eigenregie und auf eigene Kosten saniert und im Oktober 2004 wurde es mit einem großen Festakt wieder eingeweiht.


Fotos und Dokumentation

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So sah das Denkmal 2003 aus – vor der Sanierung und der Verlegung
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Der Umzug 2004
Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist titelblatt-nach-renovierung.jpg
Titelblatt der Broschüre des FSV nach der Renovierung

Vielen Dank an Wendelin Renn für seine Zeit und Geduld. Dann an Architekt Gregor Braun, der während des Interviews gleich noch ein weiteres, interessantes und unbekanntes Thema anschnitt (Das wird Gegenstand eines weiteren Quiz werden). Danke auch an Anita Auer für wertvolle Hinweise, Herrn Baumann vom Stadtarchiv und natürlich an Hans Martin Weber, der sogar Sonntags in die Geschäftsstelle ging um Artikel und Dokumentation zu suchen.

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22 Responses

  1. Lieber Gerhard,
    Danke auch an DICH für Deine aufwendige Recherchearbeit und daß Du uns „einfach so“ und spielerisch diese wichtigen Informationen zukommen lässt! Du bist einfach spitze!
    Danke Danke Danke

  2. Hallo, super Idee… Ich habe so oft dieses Denkmal gesehen, und ich habe grob in Erinnerung was du dort gesagt hattest…. ganz gut zum Erfrischung.
    Vielen Dank für die tolle Idee und die Bearbeitung!
    LG Elisa

  3. Hallo Zusammen,
    Tolle Idee Gerhard mit dem Quiz.
    Als wir im Rahmen unserer Stadtführerausbildung im Schwenninger Moos waren, haben wir uns an der FSV Gaststätte auf dem Parkplatz getroffen. Da hatten wir über die Statue gesprochen.
    vlg und freue mich schon auf das nächste knifflige Rätsel.

  4. Tolle Idee dieses Quiz. Ja, dieses Denkmal stand vor dem Gustav Strom Stadion. Erst kürzlich entdeckte ich es wieder auf der anderen Seite des Stadions.

    • Yay… Sind die Männer nicht mehrfach (oder vielleicht doch nur einfach) innerhalb Schwenningens umgezogen und zieren nun die „Tore“ zum American Football?

      Ich bin gespannt auf Dienstag.

  5. Hallo Gerhard,
    Super Idee! und auch von der sehr guten Gestaltung!!
    Ja, diese „Nachten Männer “ haben immer wieder die Gemüter in Schwenningen
    angestachelt! Es Steht am Strohm Stadion und ich glaube die waren sogar mal als Scherz angezogen(?)
    Ich schau mal was mir einfällt!
    Genial diese Initiative!
    Bleib Gesund,
    Anita

  6. Lieber Gerhard,
    vielen Dank für Dein Engagement und das Quiz! Das ist eine tolle Idee. Und ich lerne dazu! .-)
    Ich kenne das Denkmal, habe es auch schon fotografiert aber kenne keinen Hintergrund dazu.
    Deshalb, vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen für die erhellenden Beiträge. Auch ich gebe gerne mal das ein oder andere Bild ab….

  7. Ich finde das Quiz sehr gut und freue mich auf weitere Bilder.
    Zum Denkmal selber: Das Ehrenmal, im Volksmund die „Nackten Männer, wurde vom Sportclub Schwenningen für seine im Zweiten Weltkrieg gefallenen Sportler und Mitglieder 1956 errichtet. Spende des Vorsitzenden Gustav Strom. Den Auftrag erhielt der Schwenninger Bildhauer Rudolf Pfaff. Standort Gustav Strom Stadion, heute BSV Stadion.
    Im Jahre 2003 sollte das Denkmal abgerissen werden. Wendelin Renn wollte es mit einem Fest sprengen. Durch Widerstand verschiedener Bürger, des Heimatvereins und der FSV Schwenningen wurde das Ehrenmal saniert und erhalten. Es steht auf dem Sportgelände der FSV beim Gasthaus Waldeslust

  8. Guten Morgen,
    Ich verorte die Statue ans Stadion gegenüber dem Messegelände.
    Ansonsten stimme ich Frau Brüderle zu.
    Das Quiz ist eine sehr gute Idee. Freue mich schon auf das nächste Bild.
    Schönen Sonntag

  9. Das Denkmal für die gefallenen Sportler wurde soviel ich weiß von Gustav Strohm gestiftet. es stand ursprünglich vor dem Gustav-Strohm-Stadion und ist jetzt – nachdem die Sprengung drohte – vor dem FSV Stadion und der Waldeslust.

  10. Das Quiz ist eine tolle Idee und werde mich gerne daran beteiligen. Hier handelt es sich um das Sportlerdenkmal das in den 50er Jahren auf dem BSV (Sportclub) -Parkplatz errichtet wurde. Es wurde im Jahre 2004 (glaube ich wenigstens) auf den Parkplatz des FSV / Gaststätte Waldeslust verlegt (Bild) . Wendelin Renn wollte diese Denkmal damals spektakulär sprengen lassen. Die Erhaltung und aufwendige Restaurierung war vor allem der Initiative des Architekten Gregor Braun, damals FSV-Vorsitzender zu verdanken. Bei der Wiedereinweihung war ich dabei.

    • Wir Schwenninger bezeichnen dieses Kunstwerk als
      „Näckige männer“, es war ja vorher am Gustav Strom Stadion!
      Ich freu mich schon auf das nächste Quiz!
      Christa

      • Auch in Villingen kennt man die „Näckige Männer vu Schwenninge“,
        aber kenn die Schwenninger auch die zwei „Ewigen Jungfern“ in Villingen???:)

  11. Danke, das ist ja eine tolle Idee!
    Ich freue mich sehr auf Fortsetzung.
    Wie das Restaurant heißt weiß ich nicht, aber jedenfalls ist dort auch das Bauchenbergstadion.

    Besonders schön finde ich die Statue nicht, aber das ist ja Geschmacksache.

  12. Das ist das Monument für die im Krieg gefallenen Sportler aus Schwenningen. Steht am Schwenninger Moos in der Nähe des dortigen Restaurants. (ich weiss dessen Namen grad nicht mehr 🙂 )

    • Die nackten Männer stehen jetzt auf dem FSV Gelände in der Nähe vom Moos. Eigentlich waren sie schon für eine Sprengumg vorgesehen!

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